Das WIPIG-Interview mit Apothekerin Dr. Martha Schöll-Weidinger zum Thema "Apotheke macht Schule"

Bereits 2007 rief die Landesapothekerkammer Baden-Württemberg das Projekt „Apotheke macht Schule“ ins Leben. Die Bayerische Landesapothekerkammer schloss sich im Jahr 2008 dem Konzept an und erweiterte den ursprünglichen Vortragsreigen für Schüler, Eltern und Lehrer unter der Bezeichnung „Apotheke ist Klasse!“.

Das Engagement von Apothekerinnen und Apotheker an Schulen ist durch die Pandemie stark eingeschränkt. Aus diesem Grund stellen wir Ihnen heute Frau Dr. Schöll-Weidinger, Apothekerin aus Neumarkt in der Oberpfalz, vor.

1. Frau Dr. Schöll-Weidinger, seit wann engagieren Sie sich im Rahmen des Konzepts „Apotheke macht Schule und Apotheke ist Klasse!“?
Seit Juli 2017. Ich habe bereits früher mit großer Freude Studentinnen und Studenten unterrichtet, nach der Anmeldung im WIPIG-Netzwerk bin ich auf die Vorträge zum Konzept „Apotheke und Schule“ gestoßen. Da ich Kinder im gleichen Alter habe, kann ich mich gut in diese Zielgruppe hineinversetzen. Das ist dann quasi wie eine „Kinderuni“.

2. Wie kamen Sie zu Ihrem ersten Engagement?
Das war ganz zufällig. Eine Grundschule fragte in unserer Apotheke wegen einer Beteiligung an der anstehenden Gesundheitswoche an. Zudem erkundigte sich eine Lehrerin meiner Kinder hinsichtlich verschiedener Themengebiete, die dem Lehrplan entsprechen. Kolleginnen und Kollegen rate ich, Zeit in eine kleine Bewerbungsmappe zu stecken. Ich habe den direkten Kontakt mit der Schulleitung gesucht und mich vorgestellt. Dabei habe ich Ausschnitte aus meiner Präsentation gezeigt und erläutert, wie ich den Unterricht abhalten möchte und bin damit auf sehr gute Resonanz gestoßen. Aufklärung bei Themen wie Ernährung, Hygiene oder Diabetes mellitus liegen mir auch persönlich sehr am Herzen und ich denke, das ist auch spürbar. Bei der Arbeit mit Kindern ist insbesondere die Bereitschaft zu Flexibilität und Spontaneität wichtig.

3. Mit welchen Vorträgen haben Sie gute Erfahrungen gemacht? Welche Themengebiete wecken besonders das Interesse von Schülern und Lehrern?
Grundsätzlich werden Themen, die im Zusammenhang mit dem Lehrplan stehen, gerne angenommen. Ich habe meine Unterrichtskonzepte über Monate mit viel Mühe, Herzblut und auch schlaflosen Nächten entwickelt. Für derart ausgefeiltes Material fehlt den Lehrern oftmals einfach die Zeit. Sie nehmen die Expertise Außenstehender dankbar an. Grundsätzlich halte ich den Unterricht sehr interaktiv ab, beziehe die Schülerinnen und Schüler aber auch die Lehrer mit ein. Ein häufiges Thema ist natürlich die gesunde Ernährung. Aber auch der Vortrag „Cooles Hautgefühl“ kommt gut an. Hier habe ich meinen Schwerpunkt auf das Thema Hygiene gelegt. Richtiges Händewaschen wird zwar durch Eltern und Lehrer vermittelt, häufig fehlt den Kindern aber der praktische Bezug. Ich arbeite hier z. B. mit Abklatschtests und anderen kleinen Versuchsreihen, die nicht nur Spaß machen, sondern auch den Kindern spielerisch den Sinn vermitteln. Durch bunte Fingerfarbe können Bakterien, Pilze und Viren einfach dargestellt werden und nach dem Händeschütteln mit den Mitschülern ist deren Vermehrung und Übertragung sehr einprägsam für die Kinder. Beim Vortrag „Gluko und Insi“ haben manche Kinder schon eigene Erfahrungen im familiären Umfeld gesammelt. Das Thema Diabetes mellitus ist einigen schon vertraut, wohingegen die sogenannte „Zuckerkrankheit“ bei anderen völlig falsche Vorstellungen und Vorurteile impliziert. Auch die Lehrer sind für Hilfestellungen im Umgang mit jungen Diabetikern sehr dankbar, da krankheitsbezogene Interventionen einfach keine Routineprobleme für sie sind.

4. Haben Sie Tipps für Kolleginnen und Kollegen, die sich auch für das Konzept interessieren?
Spontaneität, Flexibilität und die Freude an der Arbeit mit Kindern sind wichtig. Ich beziehe die Kinder interaktiv mit ein und halte keinen reinen Frontalunterricht ab. Außerdem bekommt jedes Kind sein Namensschild. Große Themenblöcke teile ich gerne in kleinere Bereiche, um die Kinder nicht zu überfordern. Man merkt relativ schnell, wenn die Aufmerksamkeit ab- und die Lautstärke zunimmt. Das liegt dann nicht zwingend am schwindenden Interesse der Kinder, sondern meist daran, dass es zu viel Input war. Grundsätzlich ist es sinnvoll, Themen zu wählen, die einem selbst am Herzen liegen. Ferner sollte man sich bewusst machen, dass auch bei bereits erstellten Vorträgen Vorbereitung und zusätzliches, persönliches Engagement entscheidend sind.

5. Wie gehen Sie nun zu Pandemiezeiten bei Ihren Vortragsaktivitäten vor?
Mit Pandemiebeginn hatte ich die Vorträge eigentlich schon ad acta gelegt. Einige Schulen kontaktierten mich aber aktiv mit der Bitte nach Vorträgen zum Thema Hygiene. Dass Händewaschen nicht nur vor Corona, sondern auch vor anderen Krankheitserregern schützen kann, war den Kindern oftmals gar nicht so bewusst. Trotz der großen medialen Aufmerksamkeit hat das Thema großen Anklang gefunden.
Vor den Vorträgen habe ich mich intensiv mit den Hygienekonzepten der Schulen beschäftigt und mich entsprechend umgestellt, so dass die Abstandsregeln eingehalten werden können. Zudem trage ich immer eine FFP2-Maske und habe die Experimente und praktischen Übungen angepasst. Zum Thema Ernährung gab es z. B. immer ein Lebensmittelratespiel als sensorisches Experiment, bei dem die Kinder mit verbundenen Augen über Geruch und Geschmack u. a. verschiedene Obst- und Gemüsesorten erkennen sollten. Jetzt zu Corona-Zeiten habe ich daraus ein Ratespiel entwickelt. Die Kinder beschreiben dem jeweils ratenden Kind die Sorte mit Worten. Grundsätzlich ist es auch immer wieder spannend zu sehen, auf welchem, teilweise ganz unterschiedlichen, Wissensstand die jeweiligen Schüler sind. Bei Experimenten verzichte ich momentan darauf, dass sich die Kinder ihre Ergebnisse gegenseitig zeigen oder die Reagenzien selbstständig zugeben. Ersatzweise führe ich das Experiment selber, für alle sichtbar z. B. mit Hilfe einer Dokumentenkamera, vor der Klasse durch. Das Konzept funktioniert also mit den entsprechenden Hygienemaßnahmen und Anpassungen trotz Corona sehr gut.

6. Beziehen Sie auch die Lehrer aktiv mit ein?
Grundsätzlich sind die Lehrer eher am Rande aktiv, sind mit dabei und hören aktiv zu. Wenn es passt, beziehe ich sie auch gerne als Statisten mit ein. Dass sie dabei manche Dinge auch nicht wissen oder absichtlich falsch machen, lockert die Situation auf und ist immer für alle lustig.

7. Was würden Sie Kolleginnen und Kollegen raten, die bisher noch nicht aktiv waren. Wie überzeugt man die Schulen von diesem Konzept?
Werden Sie aktiv, bereiten Sie sich gut vor und seien Sie authentisch. Scheuen Sie keinen Vorbereitungsaufwand. Die Erarbeitung eines Konzeptes mit den passenden Materialien kann zwar Monate dauern - Interaktivität und Anschauungsmaterialien kommen bei Kindern aber am Besten an. Seien Sie nicht zu versteift auf den vorbereiteten Vortrag, sondern zeigen Sie auch Bereitschaft zur Adaption an die Vorstellungen der Lehrer und die Fragen der Schüler.
Überzeugen Sie die Schulen mit der vorbereiteten Bewerbungsmappe und Ihrem Herzblut!

Herzlichen Dank Frau Dr. Schöll-Weidinger für das Interview!

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Marion Resch
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