Das WIPIG-Interview mit Cynthia Milz zum Thema "Impfen in der Apotheke."
Ihren Beruf übt sie mit viel Herzblut und Leidenschaft aus - für Cynthia Milz ist der Apothekenalltag keine graue Theorie. Hauptberuflich ist sie Filialleiterin der Stadtpark-Apotheke in Kulmbach. Berufspolitisch ist Cynthia Milz als langjähriges Mitglied des Vorstands der Bayerischen Landesapothekerkammer und bereits seit 2010 als Sprecherin des WIPIG-Institutsdirektoriums aktiv, da ihr die Themengebiete Prävention und Gesundheitsvorsorge ein wichtiges Anliegen sind.
Wir sprachen mit Cynthia Milz über Grippe- und Corona-Impfungen in öffentlichen Apotheken.
In anderen Ländern, wie in der Schweiz oder Irland, gehört die Grippeschutzimpfung in öffentlichen Apotheken schon seit einigen Jahren zur Regelversorgung. Seit dem letzten Jahr ist auch Deutschland endlich dazu gekommen. Gibt es Daten, wie viele Apotheken die zusätzliche Leistung angeboten haben und wie viele Personen seitdem vor Ort geimpft worden sind?
In der Saison 22/23 wurden in öffentlichen Apotheken in Deutschland 62.700 Grippeschutzimpfungen durchgeführt, 1200 Apotheken haben diese Leistung angeboten. Auch bei uns in der Apotheke haben wir die Impfung angeboten, das Angebot ist gut angenommen worden.
Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt gerade bei älteren Menschen über 60 Jahren eine Grippeschutz-Durchimpfungsrate von 75 Prozent. In Deutschland lag der Wert 2021 bei lediglich 47 %, mit starken regionalen Unterschieden. In Bayern zum Beispiel ist die Impfquote mit am geringsten.
Mit der Einführung der Grippe- und Corona-Impfung in der Apotheke konnte bereits eine Impfhürde, die teilweise erschwerte Verfügbarkeit, abgebaut werden. Für welche Personengruppen eignet sich das Impfangebot in der Apotheke am besten, um die Durchimpfungsrate in Bayern erhöhen zu können?
Zu uns kommen Patienten, die zum Teil gar keinen Hausarzt haben oder die Schwierigkeiten haben, beim Arzt einen für sie passenden Termin zu bekommen. Einer der ersten Patienten, der von uns geimpft wurde war taubstumm, wir haben Anamnese und Aufklärung mit Kärtchen gemacht. Nicht alle Hausärzte bieten momentan die Auffrischung der Covid19-Impfung an, auch da werden wir nach Terminen angefragt. Was wir sehen ist, dass chronisch kranke Menschen, die regelmäßig zum Hausarzt gehen meist dort auch geimpft werden. Wer eher selten zum Arzt geht, für den ist das zusätzliche Angebot von Apotheken eine sehr praktische Alternative. Es wäre schön, wenn noch mehr Apotheken diese niederschwellige Möglichkeit zur Schutzimpfung gegen Grippe und Covid19 anbieten würden, das würde mittelfristig die Impfraten sicherlich verbessern helfen.
Einige wenige Menschen stehen Impfungen ablehnend gegenüber. Welche Strategien kann man in der Apotheke nutzen, um impfmüde oder kritische Personen vom Gegenteil zu überzeugen?
Ich bin hier immer für sachliche Aufklärung, ich bin auch nicht dafür, Risiken und mögliche Nebenwirkungen zu verharmlosen. Dass der Nutzen überwiegt, ist nachgewiesen, die Entscheidung zu einer Impfung ist (nachdem wir den Pandemie-Zustand Dank der Impfungen hinter uns gelassen haben) jetzt wieder die persönliche Entscheidung jedes einzelnen. Was mir aber schon wichtig ist, ist, dass die eigene Entscheidung auch Konsequenzen für das Umfeld hat. Wer regelmäßig Kontakt (beruflich oder privat) zu Personen mit einem erhöhten Risiko für schwere Krankheitsverläufe hat, der sollte sich seiner Verantwortung schon bewusst sein. Wichtig ist auch zuzuhören, worin die Bedenken genau bestehen. Manchmal kann man dann mit der entsprechenden Sachkenntnis doch manche Befürchtung entkräften.
Wird es in Zukunft Ihrer Meinung nach noch weitere Impfungen gegen andere Erkrankungen in den Apotheken geben?
Das hängt vom Willen der Politik ab. In anderen Ländern werden sehr erfolgreich auch andere Totimpfstoffe, wie z.B. FSME in den Apotheke verimpft. In USA werden fast alle Schutzimpfungen in Apotheken nach entsprechenden Schulungen angeboten. Man kann also gespannt sein.
Wir danken Frau Milz für das Gespräch!