Honorierung und Zukunft der Prävention
5 Fragen von WIPIG an Friedemann Schmidt
(München, 19.05.2014) Die ABDA hat Anfang des Jahres bekannt gegeben, dass eine Vergütung für Präventionsdienstleistungen und Medikationsmanagement die Ziele für 2014 sind. Wir haben bei ABDA-Präsident Friedemann Schmidt nachgefragt.
WIPIG: Was hat die ABDA bisher getan, um diese Ziele zu erreichen?
Schmidt: Beim Deutschen Apothekertag 2013 hat die Hauptversammlung beschlossen, dass die Apothekerinnen und Apotheker eine institutionelle Rolle in der Prävention beanspruchen, und dass diese institutionelle Rolle auch gesetzlich bestätigt werden soll – idealerweise über das Präventionsgesetz, das die Regierungskoalition verabschieden will. Natürlich setzen wir uns für die Umsetzung dieses Beschlusses massiv ein. Es vergeht kein Gespräch mit Politikern aus Regierung und Bundestagsfraktionen, in dem wir das Thema nicht anschneiden und argumentativ unterlegen.
Allerdings muss man im Moment ganz nüchtern feststellen, dass die Regierung für das Präventionsgesetz bislang weder einen Arbeitsentwurf noch einen parlamentarischen Zeitplan vorgelegt hat. Wenn der Entwurf nicht in Bälde vorgelegt wird, wird es eng für die ursprüngliche Planung, das Vorhaben noch 2014 zu verabschieden. Zwar kann die Politik auf die Vorarbeiten bzw. den Gesetzentwurf aus der letzten Legislaturperiode zurückgreifen, der seinerzeit nicht verabschiedet wurde. Andererseits illustriert ja gerade die lange Vorgeschichte dieses Gesetzes, wie schwer es ist, einen politischen Konsens zu erreichen. Für ein solches Gesetz gibt es jetzt den dritten Anlauf in der dritten Legislaturperiode. Dass man die Prävention stärker fördern will und muss, ist längst gesellschaftlicher Konsens. Die schwierige Frage ist und bleibt, wie Gebietskörperschaften, Krankenkassen und andere Akteure sich die resultierenden Kosten teilen.
WIPIG: Wie sehen Sie die Chancen, dass eine Honorierung durch die GKV erfolgen wird?
Schmidt: Das hängt vor allem von zwei Faktoren ab. Erstens: Wer Mittel der GKV beansprucht, der muss immer ein Versorgungsdefizit bzw. einen Leistungsbedarf darlegen und dafür eine hochwertige, wissenschaftlich unterlegte Leistung anbieten. Diese Hausaufgaben haben wir bereits gemacht. Zweitens: Wer Mittel in der GKV beansprucht, der konkurriert mit anderen Versorgungsbereichen um knappe Ressourcen und Problempriorität. Dieser Punkt ist schwieriger. Die Kassen der Sozialversicherung sind zwar derzeit gut gefüllt, aber der Gesetzgeber hat verschiedene milliardenschwere Reformprobleme auf dem Tisch, von deren Bearbeitung die finanziellen Spielräume bei anderen Sachfragen abhängen werden.
Ich denke da vor allem an die Krankenhausfinanzierung, die zeitnah geregelt werden soll, und die Defizite in der Pflege. Wir empfangen für unsere Anliegen als Apotheker momentan unterschiedliche Signale aus der Politik. Aus den Fraktionen sind sie durchaus ermutigend. Andererseits hat Staatssekretär Laumann kürzlich auf dem DAV-Wirtschaftsforum ziemlich deutlich formuliert, dass Apotheken in seiner Prioritätenliste im Augenblick recht weit unten rangieren. Da müssen wir weiter Überzeugungsarbeit leisten.
WIPIG: Welche Rolle spielt die Prävention in der aktuellen Leitbilddiskussion?
Schmidt: In der Leitbilddiskussion hat die Bedeutung der Apotheke in der Primärprävention, aber auch in der Sekundär- und Tertiärprävention einen breiten Raum eingenommen. Apotheken sind der zentrale niedrigschwellige Ansprechpartner für Patienten. Das ist unser Pfund. Und das spiegelt sich auch im Claim unserer Image-Kampagne wider. Wir sind einfach „näher am Patienten“. Das Leitbilddokument sieht den Apotheker in der Prävention als Partner des Arztes in einem heilberuflichen Netzwerk.
WIPIG: Welche Bedeutung messen Sie der Prävention und Gesundheitsförderung für die Zukunft bei?
Schmidt: Die Bevölkerung wird immer älter. Die geburtenstarken Jahrgänge rücken in die höheren Lebensalter nach. Und wenn immer mehr Ältere immer weniger Jungen gegenüberstehen, dann müssen diese Älteren auch immer länger fit bleiben, damit die Gesellschaft und die Arbeitswelt weiter funktionieren. Der demografische Wandel ist also eigentlich der Grund, warum Prävention wichtiger denn je ist.
WIPIG: Wie beurteilen Sie das Potential der Apotheken, sich hier langfristig und flächendeckend einzubringen?
Schmidt: Das Potential ist enorm. Wir haben ein flächendeckendes, wohnortnahes Netz mit Apotheken. Wir haben 1,2 Milliarden Patientenkontakte im Jahr. Und wir haben heute schon viele Apotheken, die präventive Gesundheitsleistungen von der Ernährungsberatung über die Blutdruckmessung bis hin zum Medikationscheck anbieten. Wichtige Leistungen wie das Medikationsmanagement, das ja auch eine präventive bzw. sekundärpräventive Wirkung hat, müssen wir aber systematisieren und innerhalb des heilberuflichen Umfelds organisieren. Deshalb gibt es ja Projekte wie ARMIN.
Vielen Dank für das Gespräch.
(München, 19.05.2014) Die ABDA hat Anfang des Jahres bekannt gegeben, dass eine Vergütung für Präventionsdienstleistungen und Medikationsmanagement die Ziele für 2014 sind. Wir haben bei ABDA-Präsident Friedemann Schmidt nachgefragt.
WIPIG: Was hat die ABDA bisher getan, um diese Ziele zu erreichen?
Schmidt: Beim Deutschen Apothekertag 2013 hat die Hauptversammlung beschlossen, dass die Apothekerinnen und Apotheker eine institutionelle Rolle in der Prävention beanspruchen, und dass diese institutionelle Rolle auch gesetzlich bestätigt werden soll – idealerweise über das Präventionsgesetz, das die Regierungskoalition verabschieden will. Natürlich setzen wir uns für die Umsetzung dieses Beschlusses massiv ein. Es vergeht kein Gespräch mit Politikern aus Regierung und Bundestagsfraktionen, in dem wir das Thema nicht anschneiden und argumentativ unterlegen.
Allerdings muss man im Moment ganz nüchtern feststellen, dass die Regierung für das Präventionsgesetz bislang weder einen Arbeitsentwurf noch einen parlamentarischen Zeitplan vorgelegt hat. Wenn der Entwurf nicht in Bälde vorgelegt wird, wird es eng für die ursprüngliche Planung, das Vorhaben noch 2014 zu verabschieden. Zwar kann die Politik auf die Vorarbeiten bzw. den Gesetzentwurf aus der letzten Legislaturperiode zurückgreifen, der seinerzeit nicht verabschiedet wurde. Andererseits illustriert ja gerade die lange Vorgeschichte dieses Gesetzes, wie schwer es ist, einen politischen Konsens zu erreichen. Für ein solches Gesetz gibt es jetzt den dritten Anlauf in der dritten Legislaturperiode. Dass man die Prävention stärker fördern will und muss, ist längst gesellschaftlicher Konsens. Die schwierige Frage ist und bleibt, wie Gebietskörperschaften, Krankenkassen und andere Akteure sich die resultierenden Kosten teilen.
WIPIG: Wie sehen Sie die Chancen, dass eine Honorierung durch die GKV erfolgen wird?
Schmidt: Das hängt vor allem von zwei Faktoren ab. Erstens: Wer Mittel der GKV beansprucht, der muss immer ein Versorgungsdefizit bzw. einen Leistungsbedarf darlegen und dafür eine hochwertige, wissenschaftlich unterlegte Leistung anbieten. Diese Hausaufgaben haben wir bereits gemacht. Zweitens: Wer Mittel in der GKV beansprucht, der konkurriert mit anderen Versorgungsbereichen um knappe Ressourcen und Problempriorität. Dieser Punkt ist schwieriger. Die Kassen der Sozialversicherung sind zwar derzeit gut gefüllt, aber der Gesetzgeber hat verschiedene milliardenschwere Reformprobleme auf dem Tisch, von deren Bearbeitung die finanziellen Spielräume bei anderen Sachfragen abhängen werden.
Ich denke da vor allem an die Krankenhausfinanzierung, die zeitnah geregelt werden soll, und die Defizite in der Pflege. Wir empfangen für unsere Anliegen als Apotheker momentan unterschiedliche Signale aus der Politik. Aus den Fraktionen sind sie durchaus ermutigend. Andererseits hat Staatssekretär Laumann kürzlich auf dem DAV-Wirtschaftsforum ziemlich deutlich formuliert, dass Apotheken in seiner Prioritätenliste im Augenblick recht weit unten rangieren. Da müssen wir weiter Überzeugungsarbeit leisten.
WIPIG: Welche Rolle spielt die Prävention in der aktuellen Leitbilddiskussion?
Schmidt: In der Leitbilddiskussion hat die Bedeutung der Apotheke in der Primärprävention, aber auch in der Sekundär- und Tertiärprävention einen breiten Raum eingenommen. Apotheken sind der zentrale niedrigschwellige Ansprechpartner für Patienten. Das ist unser Pfund. Und das spiegelt sich auch im Claim unserer Image-Kampagne wider. Wir sind einfach „näher am Patienten“. Das Leitbilddokument sieht den Apotheker in der Prävention als Partner des Arztes in einem heilberuflichen Netzwerk.
WIPIG: Welche Bedeutung messen Sie der Prävention und Gesundheitsförderung für die Zukunft bei?
Schmidt: Die Bevölkerung wird immer älter. Die geburtenstarken Jahrgänge rücken in die höheren Lebensalter nach. Und wenn immer mehr Ältere immer weniger Jungen gegenüberstehen, dann müssen diese Älteren auch immer länger fit bleiben, damit die Gesellschaft und die Arbeitswelt weiter funktionieren. Der demografische Wandel ist also eigentlich der Grund, warum Prävention wichtiger denn je ist.
WIPIG: Wie beurteilen Sie das Potential der Apotheken, sich hier langfristig und flächendeckend einzubringen?
Schmidt: Das Potential ist enorm. Wir haben ein flächendeckendes, wohnortnahes Netz mit Apotheken. Wir haben 1,2 Milliarden Patientenkontakte im Jahr. Und wir haben heute schon viele Apotheken, die präventive Gesundheitsleistungen von der Ernährungsberatung über die Blutdruckmessung bis hin zum Medikationscheck anbieten. Wichtige Leistungen wie das Medikationsmanagement, das ja auch eine präventive bzw. sekundärpräventive Wirkung hat, müssen wir aber systematisieren und innerhalb des heilberuflichen Umfelds organisieren. Deshalb gibt es ja Projekte wie ARMIN.
Vielen Dank für das Gespräch.
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