Das WIPIG-Interview mit Wolfgang Dittrich zum Thema "Zecken"

Für Wolfgang Dittrich, Apotheker und Inhaber der Stadt-Apotheke in Wemding, Mitglied des Institutsdirektoriums des WIPIG sowie des Vorstands der Bayerischen Landesapothekerkammer, ist Prävention in all ihren Formen ein Kernanliegen der modernen Gesundheitsversorgung. Wir haben Herrn Dittrich zum Thema Zecken befragt.

Was sollte man grundsätzlich über Zecken wissen?

„Zecken sind Spinnentiere und gehören zur Unterklasse der Milben, als weltweit verbreitete Parasiten haben sie sich als potentielle Überträger von Krankheitserregern zweifelhaften Ruhm erworben. Am häufigsten tritt in Deutschland der Gemeine Holzbock in Erscheinung und überträgt insbesondere Borreliose und Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME). Die hochspezialisierten Tiere sind bezüglich Verhalten und Körperbau ideal an ihre Umwelt angepasst. Ähnlich einer Steckmücke, benötigt eine Zecke Blut von anderen Lebewesen.
Durch die wärmer werdenden Winter treten Zecken mittlerweile nahezu ganzjährig auf. Sie sind überall dort zu finden, wo es Pflanzen gibt. Zecken fallen nicht von Bäumen, sondern lassen sich z. B. von Grashalmen abstreifen und klammern sich an Haut, Kleidung oder Fell fest. Manche Zeckenarten, wie die sogenannte Auwaldzecke, bewegen sich auch aktiv auf den Menschen zu.“

An welchen Stellen stechen Zecken gerne?

„Zecken bevorzugen zwar weiche, gut durchblutete und dünne Hautstellen - Kniekehlen, Gesäß, Achseln und die Innenseite der Oberarme scheinen besonders beliebt zu sein - ein Zeckenstich kann aber an allen Körperteilen vorkommen. Auch die Bereiche unter eng anliegender Kleidung werden von der Zecke offensichtlich als geschützte Orte wahrgenommen und so stechen die Parasiten auch gerne im Hüftbereich, wo die Hose aufliegt, oder z. B. unter dem Uhrenarmband. Bei Kindern finden sich Zecken auch häufig im Kopf- und Nackenbereich. Die Zecke sucht möglichst geschützte Körperstellen auf, um ungestört saugen zu können. Der Saugakt vom Gemeinen Holzbock kann über mehrere Tage andauern. Der Stich erfolgt i. d. R. nicht sofort, die Zecke wandert längere Zeit auf dem Körper umher, bis sie eine passende Stichstelle findet.“

Gibt es Menschen, die besonders attraktiv für Zecken sind?

„Dass Zecken bestimmte Menschen bevorzugen, wie z. B. im Falle der Gelbfiebermücke, die einen hohen Milchsäureanteil in der Haut als besonders attraktiv empfindet, ist nicht bekannt. Als gefährdet gelten Personen, die in FSME-Risikogebieten leben oder arbeiten, das heißt Personen, die sich in Freizeit oder Beruf in der freien Natur aufhalten oder auch ihren Urlaub dort verbringen.“

Wie schützt man sich vor einem Zeckenstich?

„Einen hundertprozentigen Schutz gegen Zecken gibt es nicht - aber es gibt gute Präventionsmaßnahmen. Bleiben Sie nach Möglichkeit auf befestigten Wegen, denn Zecken halten sich vor allem in hohem Gras, Gebüsch oder Sträuchern auf, und vermeiden Sie Streifzüge durchs Unterholz.
Tragen Sie langärmelige Kleidung, geschlossene Schuhe und stülpen Sie am besten die Socken über die Hosenbeine. Helle Kleidung erleichtert zudem das Auffinden der Krabbeltiere.
Zur Zeckenabwehr können auch Repellentien (Zeckenschutzmittel) zum Einsatz kommen, die in unterschiedlichen Darreichungsformen, u. a. als Spray oder Stift, erhältlich sind. Der Begriff Repellentien stammt aus dem Lateinischen vom Verb „repellere“, das mit „zurücktreiben“ und „abwehren“ übersetzt wird. Diese Präparate werden direkt auf die Haut oder ggfs. auch auf die Kleidung aufgebracht. Der Wirkmechanismus ist noch nicht vollständig geklärt, gemeinsam ist den eingesetzten Substanzen aber der niedrige Dampfdruck, der einen schützenden Duftmantel über die Haut legt.

Dieser Duftmantel stößt die Insekten entweder direkt ab oder blockiert die Duftrezeptoren und hält damit die Zecken von der Haut des möglichen Wirts ab. Zu den wichtigsten Wirkstoffen zählen DEET, Icaridin, PMD und EBAAB. Auch diverse ätherische Öle finden Anwendung. Da diese Substanzen sich hinsichtlich Wirksamkeit, Wirkdauer und chemischen Eigenschaften voneinander unterscheiden und damit u. a. auch für unterschiedliche Altersgruppen zugelassen bzw. geeignet sind, ist eine Beratung in Ihrer Apotheke empfehlenswert. Repellentien können in Kombination mit der richtigen Kleidung eine sinnvolle Ergänzung darstellen, bieten aber keinen hundertprozentigen Schutz vor Zeckenstichen. Hohe Temperaturen, Wind oder starkes Schwitzen können die Wirksamkeit unter Umständen herabsetzen.

Sollte es trotz Vorsichtsmaßnahmen zu einem Zeckenstich gekommen sein, ist es wichtig, den Plagegeist schnellstmöglich zu entfernen. Wer beruflich oder in der Freizeit viel in der freien Natur unterwegs ist, sollte ein geeignetes Zeckenentfernungsinstrument mit sich führen, ob es sich um eine Zeckenzange, -karte oder eine geeignete Pinzette handelt. Je schneller eine Zecke entfernt wird, umso besser.

Nach dem Aufenthalt in der Natur sollte der ganze Körper gründlich abgesucht werden. Duschen ist eine gute Möglichkeit noch nicht festsitzende Zecken zu entfernen - ersetzt aber kein genaues Absuchen! Vielmehr bietet es die Möglichkeit, seinen Körper bei dieser Gelegenheit genau unter die Lupe zu nehmen. Kontrollieren Sie zudem sorgfältig Ihre Kleidung. Zecken sind sehr widerstandsfähig und können einen 40° Waschgang überleben.“

Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen: Wie entfernt man Zecken?

„Wie bereits erwähnt, gilt für die Entfernung der Grundsatz: Je früher desto besser! Steht eine geeignete Pinzette oder Zeckenzange zur Verfügung, so greift man die Zecke möglichst nahe der Hautoberfläche und zieht diese langsam und gerade aus der Haut heraus. Die Zecke niemals am vollgesogenen Körper packen und diese beim Entfernen nicht drehen. Die Stichstelle nach der Entfernung mit einem geeigneten Wunddesinfektionsmittel desinfizieren. Die Zecke auf keinen Fall mit Öl, Klebstoff, Nagellack oder ähnlichem bestreichen, sie stirbt dadurch zwar ab, allerdings sondert sie in ihrem Todeskampf Speichel und damit auch Krankheitserreger in die Wunde ab. Mit einer Zeckenkarte wird der Parasit nicht herausgezogen, sondern herausgeschoben. Die Karte so nah wie möglich an der Haut mit dem Schlitz unter das Tier schieben und vorsichtig so lange weiterschieben, bis sich die Zecke löst. Da die Zecke bei dieser Technik nicht von oben gegriffen wird, ist die Gefahr, den Körper der Zecke zu quetschen, etwas geringer. Nachteilig ist an dieser Methode, dass sehr kleine Zecken durch die Öffnung der Karte rutschen können. Zudem ist die Anwendung an bestimmten Körperstellen, wie z. B. der Achselhöhle, erschwert, da eine gute Auflagefläche für die Zeckenkarte fehlt. Die Stichstelle über mehrere Wochen gut beobachten. Tritt eine Rötung, eine Wanderröte (Erythema migrans) oder unspezifische grippeähnliche Symptome, wie Fieber, Abgeschlagenheit, Kopf- oder Gliederschmerzen auf, ist ein Arztbesuch notwendig. Auch wenn die Zecke nicht vollständig entfernt werden konnte, sollte der Hausarzt aufgesucht werden.“

Wo findet der Verbraucher allgemeine Informationen zum Thema Zecken?

„Verlässliche Informationen bietet u. a. das Robert Koch-Institut, das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege und das WIPIG der Bayerischen Landesapothekerkammer unter www.wipig.de > Materialien > Projekte > Zecken.“

Lieber Herr Dittrich, herzlichen Dank für das Interview!

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